Amtliche Bekanntmachungen
14.06.2012
80000 Solarmodule in vier Wochen
- © Sven Windmann
Auf dem Gebiet der Gemeinde Oeversee entlang der A7 soll in Rekordzeit bis zum 1. Juli eine 35 Hektar große Photovoltaik-Anlage entstehen
Die richtig großen Solarparks bekommt man in der Regel gar nicht zu Gesicht. Verstecken sie sich doch meistens hinter großen Zäunen auf ehemaligen Bundeswehrflächen, irgendwo da, wo Hase und Igel sich gute Nacht sagen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Denn auf Konversionsflächen, so sieht es das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor, gibt es mit 22,07 Cent pro Kilowattstunde (kWh) die höchste Einspeisevergütung. Interessant für Investoren sind aber auch Freiflächen direkt an Autobahnen oder Schienenwegen. Hier gibt es immerhin noch 21,11 Cent pro kWh. Dass sich das lohnt, sieht man seit einigen Tagen an der A7, von Süden kommend kurz vor der Ausfahrt Flensburg. Dort wird, links und rechts der Autobahn, zurzeit kräftig gebaut. Denn auf dem Gebiet des Oeverseer Ortsteils Barderup entsteht in Rekordzeit einer der größten Solarparks Norddeutschlands.
Rund 35 Hektar umfasst die dafür ausgewiesene Baufläche mit ihren insgesamt sieben Teilbereichen. Zwei davon liegen östlich der Autobahn, die anderen verteilen sich im Westen rund um Barderup, das direkt an der Bahnstrecke Flensburg-Neumünster liegt. Vorhabenträger ist der Berliner Finanzinvestor und Projektentwickler MCG (Management Capital Group). Und dessen Geschäftsführer Jörg Eßer hat es eilig. „Denn wir wissen ja nicht, wie es mit dem EEG nach Juli weitergeht. Das bedeutet einen großen Druck für die gesamte Solarbranche“, sagt er. Zum Hintergrund: Der Bundesrat hatte beschlossen, die Förderung von Solarstrom auf Freiflächen zum 1. Juli zu kürzen. Nachdem der Bundesrat dies ablehnte, befasst sich inzwischen ein Vermittlungsausschuss mit dem Thema. Erst gestern fand eine Sitzung statt.
Deswegen wird der Solarpark Barderup laut Eßer nun „schnellstmöglich auf die Beine gestellt“. Bis zu 300 Arbeiter werden demnach in den kommenden Wochen rund 80000 Solarmodule montieren, die am Ende etwa 20 Megawatt Peak (MW) erzeugen sollen. Damit wird die Anlage nach dem Solarpark auf dem ehemaligen Flugplatz in Eggebek (rund 160 Hektar mit einer Leistung von bis zu 85 MW) die zweitgrößte im Kreis Schleswig-Flensburg sein und kommt auch deutschlandweit locker unter die Top 20. „Wir wollen möglichst zum 1. Juli ans Netz gehen. Das wird zwar eng, aber ich bin optimistisch, dass wir es schaffen“, sagt Eßer, der anfügt, dass man „leider“ lange auf die Baugenehmigung habe warten müssen.
Das bestätigt auch Oeversees Bürgermeister Hans-Heinrich Jensen-Hansen. Die Einwände von Anwohnern gegen das ambitionierte Projekt (wir berichteten) sowie Verhandlungen zwischen der Gemeinde und dem Betreiber hätten zu Verzögerungen bei der Planung geführt. Am Ende habe sich MCG dazu bereit erklärt, eine Solarpark-Gesellschaft zu gründen, die offiziell in Oeversee ansässig ist. Das bedeutet, dass die gesamte Gewerbesteuer künftig der Gemeinde zukommen wird. „Das war unsere Bedingung. Denn hier geht es nicht um Peanuts, sondern – zumindest nach ein paar Jahren – um erhebliche Beträge“, sagt Jensen-Hansen. Bei Windparks sei es gesetzlich geregelt, dass mindestens 70 Prozent der Gewerbesteuer in der Gemeinde blieben, in der die Anlagen stehen. „Beim Thema Solar gibt es diese Vorgabe nicht. Das hat die Verhandlungen entsprechend komplizierter gemacht“, fügt der Bürgermeister an. Zudem habe man vertraglich festgezurrt, dass die Anlage mindestens 20 Jahre lang läuft.
Bedingung für die Einspeisevergütung ist derweil, dass die Module der Photovoltaik-Großanlage höchstens 110 Meter von der Autobahn entfernt errichtet werden dürfen. Entsprechend lang wird sich in Zukunft der Barderuper Solarpark entlang der A7 ausdehnen. Da auch die angrenzende Gemeinde Handewitt eine, wenn auch kleinere Anlage in der Verlängerung plant, wird sich das Landschaftsbild über mehrere Kilometer drastisch verändern. „Nach meinem Wissen ist es die größte Solaranlage Deutschlands, die direkt neben einer Autobahn liegt“, vermutet MCG-Chef Eßer. Für die Anwohner Barderups, die künftig von A7, Eisenbahnstrecke und Photovoltaik-Spiegeln umzingelt sein werden, ist dieser Superlativ allerdings alles andere als erfreulich.
Wir danken Herrn Sven Windmann, Redakteur des Flensburger Tageblattes, für die Zurverfügungstellung dieses Berichtes.
Quelle: Flensburger Tageblatt vom 14. Juni 2012, Sven Windmann